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14. Dezember
Silver City
New Mexico, USA
Ruth

Archiv Berichte
 

Monument Valley und Canyon de Chelly im "eisigen" Arizona

Die Suche in Kayenta nach einem geeigneten Platz zum Zelten gestaltete sich schwierig. Schliesslich durften wir in einem eingezäunten Hinterhof eines Restaurants zwischen Abfallcontainern und Erdhaufen unser Zelt im Sand aufstellen. Auch dort hatte es wieder unsere so gefürchteten Stachelsträuche, die Goat Heads. Holger erwischte es prompt wieder am Hinterreifen. Wäsche waschen war an diesem Abend noch angesagt. Der Waschsalon war gerade der geeignete Ort, um Holgers Schlauch zu reparieren.

Auf den nächsten Tag freute ich mich besonders. Weil es auch an diesem Morgen wieder recht kalt war, frühstückten wir in der Essecke des Bashas Supermarktes zwischen Getränkepaletten. Gestärkt zogen wir dann los Richtung Monument Valley, ca. 60 km bis zur Lodge, wo es auch einen Campingplatz gibt. Das Monument Valley bereiste ich mit Horst vor ca. 12 Jahren, aber mit dem Auto. Es war vor allem mein Wunsch, das Gebiet in unsere grosse Veloreise miteinzubeziehen, weil ich mir vorgestellt habe, dass es mit dem Velo sicher noch viel spannender ist, durch diese Gegend zu fahren. Von weitem sahen wir die Felsgiganten und wir näherten uns ihnen Tritt für Tritt. Wir stellten fest, dass in den letzten Jahren einige neue kleine Indianersiedlungen entstanden sind, und dass die Wohnverhältnisse für die Navajo-Indianer besser geworden sind. Überall sahen wir relativ neue Häuschen. Als wir schliesslich an der Kreuzung ankamen, wo die eine Strasse Richtung Lodge und die andere Richtung Informations-Center abbiegt, sahen wir, dass auch hier der Tourismus seine Spuren hinterlässt. Es wird gerade ein neues zusätzliches Hotel mit Restaurant und ein Informations-Center gebaut, mittlerweile gibt es auch eine High-School und noch andere neue Gebäude an der besagten Strassenkreuzung. Für die Indianer bringt es mehr Arbeitsplätze, das ist ein Vorteil. Doch ein Mann hat uns geklagt, dass die Bodenpreise dermassen in die Höhe schnellen und auch die Pferde würden zu teuer gehandelt, es sei schwierig für die Leute, zu überleben. Die Navajos bieten im Monument Valley Pferde-Ausritte für Touristen an. Wir fuhren erst einmal in die Lodge und genehmigten uns einen Kaffee und nach langem wieder einmal einen feinen Apfelkuchen mit Sahne ... bevor wir Mitte Nachmittag näher zu den Felsgiganten hinfuhren um bei Eindämmerung die Sonnenuntergangsstimmung erleben zu können. Leider wurde es aber im Laufe des Nachmittags immer mehr bewölkt und so dauerte das Farbenspiel der Felsen nicht sehr lange an. Schliesslich mussten wir uns beeilen, damit wir noch vor Einbruch der Dunkelheit die Lodge erreichten, schafften es knapp und es war wieder einmal eisig kalt, als die Sonne untergegangen war. In der Lodge genehmigten wir uns dann das Abendessen vom Buffet. Im Finstern mussten wir noch einen kleinen steilen Hügel zum Campingplatz hochfahren und waren froh, als wir endlich im warmen Schlafsack lagen. Eine Dusche gab es, wie an vielen anderen Abenden vorher, nicht, die Anlagen waren wegen Saisonschluss geschlossen.

Am nächsten Tag mussten wir schon wieder früh raus aus den Federn, denn wir hatten die Möglichkeit, die WC/Duschanlagen des Hotelpersonals bis spätestens 9 Uhr zu benützen. Es herrschte ein reges Kommen und Gehen, vor allem in der Frauenabteilung. Die Navajo-Angestellten, die zuhause keine Duschmöglichkeiten haben, nutzen natürlich diese Anlage, um sich für den Berufsalltag hübsch zu machen. Ich war als Weisse einmal mehr eine Exotin.

Bevor wir unsere Rückfahrt nach Kayenta unter die Räder nahmen, wollten wir es uns aber nicht entgehen lassen, die 6 km den Hügel hinauf zum Informations-Center zu fahren, von wo aus man den schönsten Blick auf die Felsformationen geniessen kann und es hat sich gelohnt, guckt euch doch einmal die Bilder in der Arizona-Galerie an.

Zurück nach Kayenta fuhren wir recht zügig. Im Hotel Holiday Inn konnten wir den von Flagstaff per UPS bestellten Ersatzkocher abholen und waren happy, dass es mit der Sendung geklappt hat. Zufälligerweise entdeckten wir in Kayenta auch noch das Tourist Office. Da wir bei unserer ersten Ankunft Schwierigkeiten hatten, einen Ort zum Campen zu finden, gingen wir ins Office und erkundigten uns nach einer Möglichkeit. Die junge Frau sagte, es gäbe in der Stadt nichts ausser die grossen teuren Hotels, aber ihr Vater habe bereits anderen Touristen erlaubt, im Innenhof des Tourist-Offices zu campen, wenn wir das wollten, wäre das ok. Über Nacht würden sie das Tor schliessen, damit keine streunenden Hunde in den Hof kämen. Für uns war es natürlich die beste Lösung und wir stimmten sofort zu, das ging ja dieses Mal schnell. So waren wir mitten in der Stadt mit Blick durchs Tor auf Mc Donalds und Bashas Supermarkt, welcher inzwischen schon fast zum Zufluchtsort vor der Kälte und Verpflegungsort für uns Frostis geworden war. Es gab dort abends Pizza und andere warme Fastfood-Speisen. In der Nacht checkten wir im Internet noch die Wetterprognosen für die nächsten 5 Tage, denn wir konnten im Zelt auf das Netzwerk des Tourist-Offices zugreifen. Die Prognosen versprachen für uns nichts Gutes, die Temperaturen sollten von Tag zu Tag kälter werden. Jetzt wussten wir, dass wir ohne grosse Zeitverzögerung Richtung Süden fahren müssen, denn noch kältere Nächte, das wollten wir uns nicht antun.

Neben dem von Horst im letzten Bericht erwähnten Problem des Alkoholkonsums hat uns im Indianer-Reservat etwas Anderes nachdenklich gemacht. Noch nie haben wir so viele auf sich alleine gestellte Hunde gesehen, sie sind zum grossen Teil in einem gesundheitlich schlechten Zustand. Ein Erlebnis lässt mich heute noch nicht so richtig los. Bei der Rückfahrt zur Lodge in der Dämmerung erblickten wir einen sicherlich noch nicht einmal zwei Monate alten kleinen Hund in der Nähe des Strassenrandes. Er wurde wohl ausgesetzt und lag zusammengerollt an einem kleinen Busch, um sich zu wärmen. Als er Holger sah, kam er hervor und winselte leise. Wir hätten ihn am liebsten mitgenommen, sahen aber in diesem Moment keine Möglichkeit, ihn auf dem Rad zu transportieren, denn alleine hatte er an diesem Ort keine Überlebenschance, kein Mensch weit und breit und auch keine Wasserquelle in der Nähe. Mit einem schlechten Gefühl liessen wir ihn zurück. Ich nehme an, dass er mittlerweile wegen der kalten Nächte erfroren ist. Erst später kam mir der Gedanke, dass wir ihn doch mindestens bis in den Ort in unserem faltbaren Waschbecken transportieren und ihn jemandem in Kayenta hätten übergeben können. Es wäre zumindest ein Rettungsversuch gewesen ...

Wir änderten unsere ursprünglich geplante Route, die eigentlich noch durch das Reservat der Hopi-Indianer führen sollte, ab und fuhren die nächsten Tage über den Canyon de Chelly Nationalpark (eine Schlucht, wo es auch uralte Indianer-Siedlungsstrukturen gibt), Ganado, Sanders, St. Johns, Springerville, Luna und Glenwood nach Silver City in New Mexico.

Zwischen Sanders und St. Johns mobilisierten wir unsere ganze Energie und fuhren dick eingepackt, nachdem es am Vorabend geschneit und nachts aufgeklart hatte, bei -3 Grad 90 km weit. Unterwegs gab es keine Ortschaft. Wir wollten durchziehen und erreichten St. Johns durchgefroren, sodass wir beschlossen, im Motel zu übernachten. Welch eine Wohltat. Hier und dort müssen Geist und Körper verwöhnt werden.

Silver City erreichten wir kurz vor dem Eindunkeln und wurden gleich von zwei Radfahrern mit "Welcome in Silver City" begrüsst. Joe gab uns gerafft die wichtigsten Infos über die Stadt, wie günstiges Hotel, gute Restaurants, bester Bike-Laden, bester Coffee Shop usw. Wir wollten eigentlich auf einen RV-Park zelten gehen, fanden aber den Silver City RV-Park nicht auf anhieb und die Leute, die wir fragten, schienen ihn auch nicht zu kennen. Da es inzwischen dunkel geworden war, entschlossen wir uns, in das von Joe vorgeschlagene Hotel Palace zu gehen und uns am nächsten Tag um eine günstigere Übernachtung zu kümmern. Dies taten wir dann auch und fanden schliesslich den RV-Park, der nicht einmal 1 km vom Zentrum entfernt war. Wir verbrachten etwas mehr als eine Woche auf dem RV-Park, fühlten uns sehr wohl und gehörten schon fast zur Familie. Die Leute, die ihren festen Wohnsitz dort in ihren Wohnwagen haben, kamen zu uns zum Plaudern, einige erzählten uns ihre Lebensgeschichte. Im Office gab es jeden Morgen frischen Kaffee und etwas Gebackenes, es war der Treffpunkt zum Kommunizieren. Wir erledigten diverse administrative und organisatorische Dinge. Horst bestellte sich noch per Internet andere Sandalen, weil er mit seinen mitgenommenen beim Fahren nicht wohl war und seine Grösse wohl in Lateinamerika nicht mehr finden kann. Die Räder mussten auch gewartet werden, schliesslich hatten sie bis Silver City doch schon 8300 km hinter sich. Im Computerladen liessen wir alle unsere bisher geschossenen Bilder von der Festplatte auf CD´s speichern - nicht weniger als 8 Gigabyte waren es mittlerweile - und schickten sie mit anderen Dingen nach Hause.

In Silver City lernten wir einen Neuseeländer kennen, der auch mit dem Rad unterwegs war, aber Richtung New York. Er hatte am Tag seiner Ankunft in Silver City das Glück, Jerome und Wendy in einem Café kennen zu lernen, denn er war für Kälte sehr schlecht ausgerüstet, denn die Nächte waren auch in Silver City praktisch immer unter 0 bis -10 Grad Celsius. Jerome und Wendy luden ihn zu sich nach Hause in die warme Stube ein. Uns wollten sie auch einladen, aber wir lehnten dieses Mal dankend ab, denn es wäre für die beiden nicht sehr komfortabel gewesen, uns drei auch noch in ihrem Haus zu haben. Dafür luden sie uns aber zum Nachtessen ein und wir trafen uns ein paar Mal in der Stadt. Jerome und Wendy haben auch schon ein paar Radtouren unternommen und wurden öfters von Leuten eingeladen. Sie wollten mit ihrer Einladung etwas an andere Reisende zurückgeben.