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Guatemala, einzigartige Indígenas-Kultur und Raubüberfälle Der Grenzort Ciudad Cuauhtémoc besteht nur aus ein paar kleineren Hütten, einem Laden und einem Hotel und liegt Einiges niedriger als San Cristóbal. Das bekamen wir in der Nacht zu spüren, denn die Temperaturen waren extrem schweisstreibend. Frühmorgens des nächsten Tages brachen wir auf Richtung Huehuetenango. 95 km nahmen wir uns für diesen Tag vor und wussten, dass wir in der nächsten Zeit mit hohen Temperaturen rechnen mussten. Der Grenzübergang verlief problemlos, 2 US$ Taxen pro Person mussten wir bezahlen und erhielten eine 90-tägige Aufenthaltsbewilligung. Sogleich wurden wir auch von Geldwechslern umzingelt, jeder wollte uns unsere mexikanischen Pesos in Quetzales umwechseln. Wir entschlossen uns, dies bei der Bank zu tun, welche allerdings erst 2 Std. später öffnete. Die Leute standen bereits 1 Std. vorher Schlange, ich reihte mich als einzige Gringofrau auch ein. Wir erlebten eine eindrückliche Szene. Kurz vor Öffnung der Bankfiliale sammelten sich die Bankangestellten beim Polizeiposten nebenan. Einige Polizeibeamte nahmen mit Maschinengewehren Stellung ein an den Ecken des Bankgebäudes und vor den Türen. Die Bankangestellten öffneten die Türschlösser und alle inkl. Polizei verschwanden im Gebäude. Es dauerte noch ca. 1/4 Std. bis die Tür aufging. Ein Beamter stand direkt an der Tür mit dem Gewehr, als die Kunden hereingelassen wurden. Willkommen in Guatemala! Es war höchste Zeit, loszuradeln. Die Sonne brannte unerbärmlich. Ca. 60 km fuhren wir stetig bergaufwärts. Huehuetenango, die mit Dieselgestank verruste Stadt mit hohem Verkehrsaufkommen gefiel uns nicht besonders. Der Hunger war so gross, dass wir uns als Erstes in einen Tortenladen begaben, Quarkkuchen kauften, und diesen innert kürzester Zeit verschlangen. Dann hatten wir nur noch ein Bedürfnis: Hotel suchen, Essen kochen und ab ins Bett. Unsere Mahlzeiten kochen wir übrigens meistens im Hotelzimmer mit unserem Benzinkocher auf dem Badezimmerboden - nicht weitersagen! Am nächsten Tag genehmigten wir uns ausnahmsweise ein Frühstück in einem Restaurant. Eier, Haferbrei, gebratene Bananen, Frijoles (rote Bohnen) mit Brot und Kaffee, ein typisches guatemaltekisches Frühstück. Dann ging´s los Richtung Totonicapan, eine Etappe mit vielen Höhenmetern. Unzählige farbige, auf den Dächern vollbepackte, Reisebusse überholten uns und hüllten uns mit ihren Dieselwolken ein. In den Kurven bergab schien es manchmal, als wenn sie nur auf einem Vorder- und Hinterrad fahren würden. Unterwegs hörten wir einige Gringo-Rufe, aber auch viele Menschen hupten und winkten uns freundlich zu. Als wir in Totonicapan an der Kreuzung ankamen, wo sich die Umsteigestation der Busse Richtung Quetzaltenango befindet, herrschte das reinste Verkehrschaos. Es schien, als ob alle Fahrzeuge um die Wette hupten. Die Hektik gefiel uns nicht und so fuhren wir noch ca. 1 km bis ins Zentrum. Glücklicherweise fanden wir ein Hotel am Stadtrand. Der eine Kilometer von der Kreuzung bis zum Hotel war aber alles andere als angenehm, die Busse drängten uns von der Strasse. Dann fiel uns vor lauter Gerüttel auf dem Seitenstreifen auch noch eine Tomatensaucenbüchse aus der Einkaufstasche und rollte in die Strassenmitte. Horst wollte sie schnell holen, aber schon fuhr ein Truck darüber, die Sauce spritzte in alle Richtungen. Die Spaghetti schmeckten dann trockener als vorgesehen. Erstmals auf unserer Reise gab es in diesem Hotel eine Elektrodusche. Da wir in unserem Reiseführer bereits über die Problematik von Elektroduschen gelesen hatten, verzichteten wir auf warmes Wasser, denn eine Schüttelpartie oder gar Dauerwellen wegen eines Elektroschlages wollten wir uns ersparen. Von Totonicapan fuhren wir weiter nach Sololá, der Ort liegt áuf einem Hügel oberhalb des bekannten Kratersees Lago Atitlán. Unterwegs kam uns ein Engländer Radlerpaar Tom und Eleanor entgegen, welches übrigens auch das Ziel Argentinien ansteuert. Die beiden waren unterwegs nach Quetzaltenango, um dort ein paar Tage Spanisch-Unterricht zu nehmen. In Quetzaltenango gibt es viele Sprachschulen, die günstiger sind als in Mexiko oder Ecuador. Von der Panamericana machen die meisten Reisenden einen Abstecher über Sololá zum Touristenort Panajachel. Darauf verzichteten wir, denn wir hätten über 600 m weiter bergab und am nächsten Tag das ganze Stück wieder steil steigen müssen. Um von Sololá wieder auf die Höhe der Panamericana zu gelangen, mussten wir eine 8 km Steigung mit steilen Rampen zurücklegen. Der Abstecher nach Sololá lohnte sich, es ist ein quirliger Ort mit einem Indígenas-Markt, wie wir ihn bisher noch nirgendswo gesehen hatten. Die gewobenen farbigen Kleider der Frauen und Männer gefielen uns besonders. Die Posada in Sololá war sehr spärlich ausgestattet und es gab nur eine Gemeinschaftsdusche mit WC. Eine Duschvorrichtung war zwar vorhanden, aber wir stellten fest, dass kein Wasser aus dem Rohr kam. Auch die WC-Spülung funktionierte nicht. Neben der Dusche stand ein grosser mit Wasser gefüllter Behälter mit einem kleinen Waschbecken. Mit diesem Waschbecken schöpft man das Wasser aus dem Behälter und das ist dann die Dusche oder eben die WC-Spülung. Übrigens wird in den lateinamerikanischen Ländern das WC-Papier nicht in die WC-Schüssel geworfen, sondern in einen Abfalleimer, da sonst das ganze Abwassersystem verstopft wird. Zudem ist keine Selbstverständlichkeit, dass überhaupt WC-Papier vorhanden ist. Wir mussten immer zusehen, dass wir eigenes dabei hatten. Auf dem Weg von Sololá nach Antigua auf der Panamericana kamen wir am nächsten Tag am Restaurant Rincon de Suiza vorbei. Es war wie eine Oase für uns, wir machten Pause und genossen einen Cappucchino. Auch vor diesem Restaurant stand ein Security-Mann mit Gewehr. Er bewachte den Parkplatz und unsere Räder bis wir wieder zurückkamen. Mit rasantem Tempo fuhren wir weiter Richtung Antigua. In Chimaltenango zweigt die Strasse nach Antigua ab. Es ist ein Ort mit viel Rummel, skurilen Gestalten und einigen Bordellen. Auf der Strasse nach Antigua hielt ein Polizeiwagen hinter uns und blieb eine Zeit lang am gleichen Ort stehen. Als wir uns nach ein paar km die letzte steile Steigung vor Antigua hocharbeiteten, überholte uns der Polizeiwagen wieder und fragte, ob alles ok sei. Wir wussten, dass diese Strecke nicht ganz ungefährlich ist und waren dankbar für die Aufmerksamkeit der Ordnungshüter. Am Sonntag, 9. April, erreichten wir schliesslich Antigua. Die Innenstadt ist mit groben Steinen gepflastert, nicht gerade eine Wohltat für unsere werten Hinterteile nach einer 110 km Etappe. Wir waren glücklich, dass wir die fünf Tage ohne Probleme hinter uns gebracht hatten. Zugegebenermassen war es mir nicht immer wohl. Eine gewisse Angst begleitete mich. Es war nicht so ein lockeres Fahren, wie wir es in den letzten Monaten erlebten. Natürlich waren wir nach all den negativen Infos aufmerksamer unterwegs und beobachteten genauer, ob vor oder hinter uns ein Auto anhielt. Auf der Panamericana herrschte zwar reger Verkehr, aber das scheint die Banditen offensichtlich nicht abzuhalten, immer wieder Fahrzeuge zu überfallen und auszurauben. Mit Gregg vereinbarten wir, uns in Antigua zu treffen. Wegen der Osterfeiertage war es schwierig, ein Zimmer zu finden. Alle Unterkünfte waren so gut wie ausgebucht, denn es wurden über 200´000 Besucher in der Stadt erwartet. Wir hatten grosses Glück, dass wir auf der Dachterrasse eines Hotels unser Zelt aufschlagen durften und das nur für US$ 5 pro Nacht, mitten im Zentrum. Antigua ist bekannt für die Osterprozessionen. Wir waren gerade zum richtigen Zeitpunkt dort und konnten diese Prozessionen, die eine Woche lang andauerten, hautnah miterleben. Mit Gregg diskutierten wir die weitere Route, die wir nun gemeinsam fahren wollten. Der Sicherheitsaspekt stand nach seinem Erlebnis für ihn im Vordergrund, für uns war dies auch nicht weniger wichtig. Die Touristenorganisation INGUAT organisiert für Touristen, die Vulkane besteigen oder Maya-Ruinen besichtigen wollen, Sicherheitsleute, die sie begleiten. Wir erkundigten uns bei INGUAT nach einem Polizei-Eskortservice. Wegen der Osterfeiertage verwies uns INGUAT direkt an die Polizei. Wir sprachen dort vor und fragten, ob es eine Möglichkeit gäbe, dass uns eine Patrouille in zwei Tagen bis an die Grenze von El Salvador begleiten würde. Es dauerte zwar ein Weilchen, bis wir endlich die dafür zuständige Person zu Gesicht bekamen. Die Antwort war positiv, der Beamte sagte uns, wir sollten am Tag der Abreise um 8 Uhr auf dem Posten erscheinen und sie würden dann das Nötige organisieren. Er erklärte uns, da wir auf der Strecke bis an die El Salvador-Grenze verschiedene Polizeigebiete durchqueren würden, müssten sie die Koordination mit den anderen Patrouillen vornehmen. Antigua war für uns wie eine Insel, wo wir wieder auftanken konnten. Die Armut, die wir täglich sahen, die Gringo-Rufe und das Wissen darum, dass wir mit dem Velo der ganzen Situation nicht so schnell entfliehen konnten, brauchte Energie neben dem eigentlichen Fahren. Es wurde uns klar, dass wir mit unserer Ausrüstung auf einem Minimum leben, aber in den Augen der Leute auch in diesem Land mit dem wenigen Material, das wir besitzen, immer noch sehr reich sind. Am 15. April um 8 Uhr begaben wir uns zur Policia National. Zwei Beamte mit Motorrädern begleiteten uns von Antigua bis Escuintla. Es ging vorwiegend bergab oder flach mit Blick auf zwei riesige Vulkane. Wir kamen zügig voran und die Polizisten freuten sich über unser Tempo. Ab Escuintla klappte die Koordination nicht, wir begaben uns wieder auf den Polizeiposten. Von dort begleitete uns ein Wagen mit vier Beamten. Insgesamt 5 verschiedene Patrouillen standen uns an diesem Tag schliesslich zur Verfügung, mit einer Ausnahme alles nette Beamte, die sich um unser Wohl sehr bemühten. Nur in Guazacapan, unserem Tagesziel, versuchte die letzte Patrouille, uns einen Zeltplatz bei einem Restaurant zu einem unverschämten Preis zu vermitteln. Da wir die Preise für Hotelzimmer inzwischen kannten, fielen wir auf den Trick nicht herein, denn der Zeltplatz hätte mehr kosten sollen als ein Zimmer. Ich fragte im Restaurant, warum wir denn für einen Zeltplatz mehr bezahlen müssten als für ein Zimmer und ob denn wirklich nichts frei sei. Die Frau schaute mich erstaunt an und sagte, sie hätte zwei Zimmer frei. Der Fall war klar, wir bezogen die beiden Zimmer. Diese Patrouille hätte uns am nächsten Morgen beim Restaurant abholen sollen. Wie erwartet, klappte es nicht, es erschien niemand. Schliesslich fuhren wir, begleitet mit dem Restaurantbesitzer und seinem Bruder, in den nächsten Ort. Die beiden organisierten für uns eine Polizeipatrouille. Es kamen wieder zwei Beamte mit Motorräder. Zwei verschiedene Patrouillen begleiteten uns an diesem Tag bis an die Grenze von El Salvador und bewachten sogar noch unsere Räder, bis wir den Ausreisestempel im Pass besorgt hatten. Guatemala scheint im Moment das gefährlichste Land Zentralamerikas zu sein. In den Städten ist die hohe Präsenz von schwer bewaffneten Sicherheitsleuten nicht zu übersehen. Wir haben aber viele Touristen getroffen, denen das Land sehr gefallen hat und die auch keine Probleme hatten. Wichtig ist, dass man sich vor Ort über die gegenwärtige Lage erkundigt und sich an die Empfehlungen der Einheimischen hält. Nachts sollte man sich in den Städten nicht mehr auf den Strassen aufhalten. In Antigua taten wir dies aber trotzdem bis ca. 22 Uhr, denn die Stadt ist sehr touristisch, und wegen der vielen Restaurants und Bars sind genügend Leute unterwegs, aber wirklich nur direkt im Stadtzentrum. Guatemala gefiel uns auch, weil dort viele Indígenas leben. Es ist ein kulturreiches Land und hat landschaftlich viel zu bieten. Daneben ist aber auch nicht zu übersehen, wie schwierig die Lebenssituation für die Menschen ist. Das Schlimmste für uns als Radfahrer war die Luftverpestung durch die Dieselbusse, vor allem in den Städten. Wir hatten dicke schwarze Russpartikel auf Kleider und Haut. Auch die Wasser- und Abfallsituation ist nicht anders als in Mexiko. Infos zum Verhältnis der EU mit Guatemala (in englisch) |