Archiv 30. Juli Bogotá Kolumbien Ruth Archiv Berichte |
Panama Die Grenzformalitäten waren schnell erledigt und schon sausten wir auf der Panamericana, die ab dieser Stelle übrigens breiter und in einwandfreiem Zustand ist, nach David, zweitgrösste Stadt Panamas. Im Purple House, einem wie der Name es schon sagt, violett angemalten Hostel - auch alle Utensilien im und ums Haus tragen dieselbe Farbe - verbrachten wir zwei Nächte, waren aber froh, als wir es wieder verlassen konnten. Die Amerikanerin, die dieses Hostel führt, scheint so etwas wie einen Mutterkomplex zu haben. Sie behandelt ihre Gäste wie Kinder, schreibt ihnen mit Hinweisblättern und Hausordnung, die mehrfach im ganzen Haus herumhängen, vor, was sie zu tun haben, unter anderem, dass sie jeden Tag duschen sollten. Das Hostel als solches wäre ok, den Reisenden stehen Ordner mit vielen nützlichen Infos über Ausflüge etc. zur Verfügung. Unsere Velos und einen Teil des Gepäcks deponierten wir für zwei Tage im Purple House und unternahmen einen Ausflug nach Boquete, ins Kaffeegebiet Panamas. Wir nahmen an einer interessanten Kaffeeplantagen-Führung eines Holländers teil, bei welcher wir neben der Verarbeitung des Kaffees auch Einblick in die Rösterei erhielten und die diversen Röstungen auch testen und vergleichen konnten, was sich übrigens Cupping nennt. Von Boquete aus führt ein Weg auf den höchsten Berg Panamas, den Vulkan Baru. Wegen schlechtem Wetter verzichteten wir auf diese Wanderung, da der Weg durch den Regen stark aufgeweicht und rutschig wurde. Von David fuhren wir eine lange Etappe nach Las Lajas. Der Strassenbelag der Panamericana war ab David zum Teil so schlecht, wir wunderten uns über die riesigen Löcher und tiefen Rillen, die für Autos und Busse nicht ungefährlich sind. Es lagen enorm viele Reifenteile umher, welche wir Radler gar nicht schätzen, denn die feinen Drähte, die sich von den Gummiteilen lösen, bleiben allzu gerne in unseren Reifen stecken. Die Pflanzenwelt empfanden wir auf dieser Strecke wunderschön. In Las Lajas überraschte uns ein Tropenregen, und dieser dauerte einige Stunden an. Wir blieben deshalb im Ort und verzichteten, zum 9 km entfernten wunderschönen Strand zu fahren. Im Ort gab es aber keine Uebernachtungsmöglichkeit und so fragten wir eine Frau, ob wir unter dem Unterstellplatz hinter ihrem Auto unser Zelt aufschlagen und die Nacht verbringen dürften, wir waren hundemüde. Das Haus gehörte aber ihrer Mutter, und so fragte sie kurz nach. Die alte Frau war einverstanden und hell begeistert. Nachdem wir unser Zelt aufgebaut hatten, kochten wir mit unserem Kocher einen langersehnten Kaffee. Die Gastgeberin fand das so toll, dass sie gleich ihre Hausangestellte holte. Beide guckten uns eine Weile zu, wunderten sich, wie klein unsere Utensilien sind und was wir so alles Praktisches in unseren Taschen mitführen. Gleich daneben befand sich der Hühnerstall, von dessen Bewohner wir regelmässig Besuch erhielten, denn ihr Revier war eben auch unser Zeltplatz. Ueber Santiago - ein anstrengendes Strassenstück mit vielen Hügeln - und Penonomé fuhren wir in drei Etappen nach Gorgona, machten dazwischen kurze Abstecher zu den schönen Pazifikstränden Playa Blanca, Santa Clara, San Carlos und Coronado. In Gorgona entsprachen die Hotelpreise nicht ganz unserem Budget. Wir fragten beim Polizeiposten am Ortseingang, ob wir hinter dem Posten nächtigen dürften. Es klappte und wir durften sogar die sanitären Anlagen der Polizei benützen, die aber alles andere als sauber waren. Wegen Sicherheitsrisiken brauchten wir uns jedenfalls dort keine Gedanken zu machen, der Posten war 24 Std. besetzt, und ein Hund leistete uns auch Gesellschaft. Da wir wegen der hohen Luftfeuchtigkeit einige Tage unsere Wäsche nicht mehr richtig trocknen konnten und diese nun auch anfing, unangenehm zu riechen, suchten wir in Gorgona einen Waschsalon auf, wo es glücklicherweise auch Trockner gab. Als wir im Waschsalon sassen und auf die Strasse hinausguckten, fuhr eine Tourenradlerin vorbei. Es war Annette, eine Deutsche, mit welcher wir bereits per E-mail korrespondierten und die wir in den nächsten Tagen in Panama City treffen wollten. Ihre Mail-Adresse erhielten wir vom Spanier, den wir in Costa Rica am El Coco-Beach kennengelernt hatten. Horst rief ihr zu, und als sie uns sah, dachte sie gleich, dass das nur wir sein könnten. Sie wartete mit uns im Waschsalon. Es war eine richtige Wohltat, wieder einmal frische Wäsche in die Taschen zu packen. Zusammen fuhren wir in zwei Tagen über Chorrera nach Panama City. Vor Panama City überquerten wir die berühmte Puente de las Americas. Wegen des starken Verkehrs - die Brücke ist auf beiden Seiten zweispurig befahrbar - wurden wir von einem Polizeiwagen hinüber begleitet. Wir liessen es uns nicht nehmen, auf der Brücke einige Male zu stoppen, um Fotos zu schiessen und diesen wichtigen Moment festzuhalten, was die Beamten natürlich nicht so schätzten bei dem Verkehrsaufkommen. Ein besonderes Gefühl überkam uns, als wir über die Brücke fuhren, denn ein grosses Teilziel unserer Reise haben wir erreicht, nach 14´700 km befuhren wir südamerikanischen Boden. In Panama City quartierten wir uns im Hostel Casa de Carmen ein. Im Vergleich zu anderen Hostels in der Stadt ist es teurer, aber das Preis-Leistungsverhältnis stimmt. In allen Zimmern inkl. Dormitory hat es Ventilator und Klimaanlage, wofür wir dankbar waren, denn die Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit hielten wir manchmal fast nicht aus. So konnten wir uns wenigstens in der Nacht gut erholen. In Panama City gab es wieder Einiges zu organisieren, wie Kartenmaterial und Reiseführer besorgen, Flug oder Möglichkeiten einer Schifffahrt nach Kolumbien abzuklären, unsere Bilder auf CD´s brennen, alle Taschen wieder nach Utensilien durchkämmen, die nicht mehr benötigt werden und diese nach Hause zu schicken. Kartenmaterial und Reiseführer für südamerikanische Länder zu finden, war ein Ding der Unmöglichkeit, was uns doch sehr erstaunte bei der Grösse dieser Stadt und den vielen vorhandenen Buchläden. Diverse Kleider und Material liessen wir uns aus der Schweiz per Paket durch DHL zustellen, was uns ein halbes Vermögen kostete. Die Zustellungsgebühren von DHL waren ungefähr so hoch wie der Warenwert - worüber wir leider von der Firma, die uns die Sachen schickte, nicht vorinformiert wurden - und auf dem gesamten Rechnungsbetrag mussten wir auch noch Einfuhrsteuern bezahlen. Wir empfehlen anderen Reiseradlern, sich auf keinen Fall ein Paket nach Panama zustellen zu lassen. In Mexiko beispielsweise hatten wir keine Probleme. Unsere Fortbewegungsmittel in Panama City waren vorwiegend Taxis. In unserem ganzen Leben fuhren wir noch nie soviel Taxi wie dort. Es war so billig und einfach, damit konnten wir uns die mühsamen Busfahrten durch die Stadt ersparen, die bezüglich Verkehrsgewühl, Abgase und Gehupe eine Katastrophe sind. Wir besichtigten neben anderen Stadtteilen die Altstadt "Casco Antiguo", den Metropolitan Park, wo es, wenn man Glück hat, frühmorgens viele verschiedene Vogelarten und Tiere, wie u. a. Faultiere und Ameisenbären, zu sehen gibt. Mit dem Fahrrad unternahmen wir verschiedene Tagestouren zum Damm Calzada de Amadoz, von welchem aus wir die Puente de las Americas in voller Grösse betrachten konnten, fuhren zu den Miraflores-Schleusen am Panama-Kanal - dort passierte gerade ein riesiges Frachtschiff aus Deutschland mit dem Namen "Hamburg Süd" - und zum Soberania Nationalpark, besser bekannt als Pipeline-Road, sahen leider nicht so viele Tiere wie erwartet, aber dafür die wunderschöne Pflanzenwelt dieses Regenwaldes. Am 16. Juni feierten wir mit Gregg, Annette und anderen 4 Radlern, die sich zu diesem Zeitpunkt alle in Panama City aufhielten, zum Anlass unseres einjährigen Unterwegsseins eine Party. Gregg, der uns seit Antigua/Guatemala begleitete, verliess uns leider am nächsten Tag. Er entschied sich, Kolumbien aus Sicherheitsgründen nicht zu bereisen. Seine Familie übte schon längere Zeit Druck auf ihn aus, und unterwegs hörte er von vielen Reisenden, dass Amerikaner in Kolumbien überhaupt nicht gern gesehen sind. Wir verbrachten mit ihm eine der schwierigsten Zeiten unserer Reise, meisterten diese aber gut und hatten es oft sehr lustig zusammen. Er flog direkt nach Quito/Ecuador, von wo aus er in ein paar Tagen Harald, den deutschen Tourenfahrer, den er bereits in Alaska (und wir in Yukon und Utah) getroffen hatte, einholen wollte. Wir entschlossen uns nach längerem Hin und Her für die Variante Schifffahrt, um nach Kolumbien zu gelangen. Die Auswahl an Booten war sehr begrenzt, das einzig für uns bezüglich Grösse in Frage kommende Schiff ankerte noch in Cartagena im Hafen. Insgesamt drei Wochen mussten wir uns schliesslich gedulden, bis wir von Panama City weiterreisen konnten. Am 3. Juli war es dann endlich soweit. Um 5 Uhr morgens stand ein Jeep vor unserem Hostel. Darin sollten nun 7 Passagiere mit Rucksäcken und 3 Velos mit Taschen Platz finden. Wir sahen sofort, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit war und der Chauffeur natürlich auch. In kürzester Zeit musste ein anderer Jeep organisiert werden. Der Onkel des Chauffeurs stellte sich mit seinem Fahrzeug zur Verfügung, im Wissen, dass er die vierstündige Strecke, die durch einen Dschungel mit zum Teil durch Regen verweichte Erdpiste führt, noch nie gefahren war. Bei einem anderen Hostel wartete noch ein anderer Jeep. Mit über einer Stunde Verspätung verliessen wir schliesslich Panama City. Die Fahrt durch den Dschungel war ein einmaliges Erlebnis. Wir waren froh, dass wir unsere Räder in Bikeboxen verpackt hatten, ohne hätten wir uns wohl keine Minute dieser Fahrt wohl gefühlt. Die Fahrer mussten ihr ganzes Können unter Beweis stellen, es war die reinste Materialschlacht durch Wald mit vermatschtem Boden, tiefen Furchen, steilen Rampen und Flussdurchquerung. Kaum war ein schwieriges Stück gemeistert, kam schon das nächste. Alle hofften, dass die Jeeps nicht den Geist aufgeben, was offenbar schon oft vorkam. Der Onkel meisterte übrigens die Fahrt gekonnt, er ist nämlich nicht mehr der Jüngste. Um die Mittagszeit erreichten wir schliesslich Porvenir an der Karibikküste, wo uns die dort lebenden Kuna-Indianer und Ludwig, der Kapitän des Segelschiffes "Stahlratte", empfingen. Zur Information: Die Stahlratte befindet sich auf einer Weltumsegelung und bietet diesen Shuttle-Service Panama City-Cartagena nur ein paar Monate an. Wer gerne mitsegeln möchte, siehe www.stahlratte.org oder www.stahlratte.de. Bevor wir Porvenir verlassen durften, mussten wir noch eine von den Kunas am Vortag spontan eingeführte Aufenthaltsgebühr entrichten. Das Gepäck, die Räder und die Passagiere wurden dann per Einbaum und Schlauchboot zur Stahlratte gebracht, dort begrüssten uns die restlichen Crew-Mitglieder, Gaby, Ete, Schubi und Sacha. Ludwig besorgte die Ausreisestempel der Panama-Behörden in den Pässen der Reisenden. Dann gings los Richtung San Blas Inseln, die im Besitz der Kunas sind. 3 Std. motorsegelten wir, bis die kleinen paradiesischen Inselchen in Sichtweite waren. Das Schiff wurde zwischen den Inselchen geankert. Zwei Tage verweilten wir an dieser Stelle und genossen das Nichtstun, Baden, Schnorcheln, Essen und Trinken. Vom Schiff aus schwammen wir zu den Inseln. Es ist nur gerade ein 3-Minuten-Spaziergang um die Inselchen, so klein sind diese. Weisser Sand - eben richtiger Karibikstrand mit Kokospalmen -, verschiedenfarbige Seesterne und -gurken, jede Menge Fische und sogar fliegende Fische gab es zu sehen. Die Kuna-Familien besuchten uns von den naheliegenden Inselchen mit ihren Booten und priesen uns ihre handgemachten Kunstwerke an. Sie breiteten sie auf dem Deck der Stahlratte aus und verbrachten mehrere Std. mit uns, denn sie haben ja jede Menge Zeit. Ein grosses Geschäft konnten sie aber mit den Backpackern nicht abwickeln. Sie wissen auch schon, dass sie von der Stahlratte-Crew Trinkwasser, Esswaren und Getränke erhalten. Trinkwasser müssten sie sonst mit ihren Booten von weither holen. Ich hatte die Gelegenheit, mit Ludwig in einem Kuna-Dorf einkaufen zu gehen und erhielt Einsicht in das Dorfleben. Wir konnten nicht einfach in einem Laden alles kaufen, wie das bei uns so üblich ist. Das Eis erhielten wir bei diversen Hütten, die je ca. 5 bis 10 kleine Plastikbeutel Wasser im Gefrierfach ihes Kühlschrankes hatten, zum Teil waren diese Beutel aber nicht einmal richtig gefroren. Brotstangen waren bereits vorbestellt. Früchte und Gemüse gab es nicht in grosser Auswahl, Ludwig kaufte ein, was gerade vorhanden war und entsprechend wurde das Menu für den Tag kreiert. Die Kuna-Dörfer werden von Schiffen beliefert. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass es jede Woche Nachschub gibt, manchmal erhalten sie tagelang nichts für ihre Läden. Am zweiten Abend gab es Barbeque auf einer der Inseln. Ludwig bestellte am Vortag bei den Kunas frische Fische und Kokosnüsse, die sie auch "lieferten". Als es schon dämmerte, wurden wir mit dem Schlauchboot auf die Insel geführt. Die Crew hatte schon alles vorbereitet. Chips, Fischfilets, Fleisch- und Gemüsespiesschen, die auf dem Feuer gebraten wurden, Reis, frische Kokosmilch und verschiedene Getränke standen bereit, wir wurden fürstlich verköstigt. Eine Kuna-Familie war auch anwesend. Als wir mit dem Essen fertig waren, durften sie zulangen, und sie leerten die Schüsseln bis zum letzten Happen, erhielten Pepsi und Bier und unterhielten sich gemütlich mit einigen von uns. Als das letzte Bier die Kühlbox verliess, war die Party zu Ende. Der älteste der Kunas warf einen Blick in die Kühlbox. Gähnende Leere, das bedeutete für ihn "nach Hause" zu gehen. Er sammelte seine Leute zusammen, sie verabschiedeten sich und paddelten im Dunkeln, allerdings nicht mehr im nüchternsten Zustand, zu ihren Inselchen zurück. Vor Sonnenaufgang des dritten Tages wurden die Anker hochgezogen und die Stahlratte in Bewegung gesetzt. Die Reise ging weiter nach Cartagena, ich freute mich riesig auf die Fahrt. Zwei Tage lang schipperten wir übers Meer. Den Wellengang empfanden wir schon als recht hoch, Ludwig meinte, das sei nichts Spezielles. Leider waren viele der Mitreisenden seekrank. In allen Ecken lag jemand. Sie erschienen nur noch wenn es was zu Essen gab, dann verkrochen sie sich wieder. Horst hatte es auch erwischt, aber zum Glück nicht die ganze Zeit. Ab und zu durften wir sogar das Steuer übernehmen. Das Schiff auf Kurs zu halten, brauchte aber doch etwas Konzentration. Nachts versuchte jeder, sich einen Schlafplatz auf Deck zu ergattern, denn in den Schlafkabinen war es viel zu heiss. Zwei Wale kreuzten unseren Weg und am letzten Tag begleitete uns eine Delfin-Schule über eine längere Zeit. Ich half viel in der Küche bei der Zubereitung des Frühstücks und Abendessens und zusammen mit Schubi buk ich sogar einen Pfirsichkuchen, denn in der Schiffsküche gab es sogar einen Backofen. Eigentlich hätte jeder Passagier während der 5-tägigen Reise einige Std. der Crew beim Kochen und Putzen behilflich sein sollen, dies klappte aber überhaupt nicht, weil eben viele flach lagen. Am 7. Juli nachmittags war in der Ferne Land zu sehen, die ersten Inselchen zeigten sich am Horizont. Und auch ein paar grosse Frachtschiffe kamen uns entgegen. Ludwig fing an, mit den Hafenbehörden zu kommunizieren um die Einfahrtserlaubnis zu erhalten. Schliesslich erreichten wir den Hafen Cartagenas. Die Crew erledigte für uns die Einreiseformalitäten und brachte uns mit dem Schlauchboot ans Ufer. Bienvenidos en Colombia! Vielen Dank an Ludwig, Schubi, Gaby, Ete und Sacha für die tolle Reise! Panama hat noch viel unberührten Urwald, schöne Strände, Vulkangebirge und Vieles mehr. Das Land ist für Tourenradler problemlos zu bereisen. Wie überall in den Grossstädten ist in gewissen Quartieren Vorsicht geboten. Selber kochen lohnt sich oft nicht, denn für US$ 2-3 erhält man bei den typischen Buffet-Restaurants, die es praktisch in jeder Stadt gibt, reichhaltige Gerichte. Übernachtungsmöglichkeiten sind genügend vorhanden und sie sind gut und günstig. Infos Beziehung EU zu Panama (in englisch) nach oben |